Besuch der Klasse 11a des Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasiums in Bayreuth - außerschulische Lernräume: von Bayreuth über München bis nach Weidenberg

Die Klasse 11a verließ in diesem Schuljahr im Rahmen des Geschichts- und PuG-Unterrichts mehrfach die vertrauten MWG-Räume, um sich andere Räume zu erschließen und somit den geographischen und intellektuellen Horizont zu erweitern. 
Im Zuge der Thematisierung der Erinnerungskultur befasste sich die Klasse u.a. intensiv mit dem erst seit 2023 existenten akustischen Mahnmal für die Opfer der Shoah am Sternplatz. Dessen Genese und künstlerische Idee wurden im Unterricht erarbeitet, seine Wirkung vor Ort diskutiert. Die Schülerinnen und Schüler zeigten sich von dem Konzept angetan und würdigten es als angemessene Alternative zu den bekannten Stolpersteinen. Aufgrund dessen wird es im kommenden Schuljahr auch ein W-Seminar, das sich mit der Erarbeitung von „Akustischen Stolpersteinen“ befasst, an unserer Schule geben. 
Ein weiteres Kapitel von Erinnerungsarbeit wurde im Zuge der Beschäftigung mit dem kolonialen Erbe aufgeschlagen. Dazu ging es in die Landeshauptstadt. Im dortigen „Museum Fünf Kontinente“, war die Ausstellung „Der Kolonialismus in den Dingen“ zu sehen, die einzigartige, häufig meisterhafte, Kunstwerke zeigte, die als Zeugnisse kolonialer Aneignung gelten. Die Führung und die Auseinandersetzung mit dem Konzept der Ausstellung ergänzten die Lernräume gezielt.
Am Schuljahresende stand dann der Heimatraum, nämlich in die Marktgemeinde Weidenberg, im Fokus. Die Exkursion, die am vorletzten Schultag stattfand, hatte zwei Teile: Zunächst ging es – als praktische Erweiterung des theoretischen Politik- und Gesellschaftsunterrichts – um die Aufgaben, die eine Kommune zu leisten hat. Darüber infor-mierten der Geschäftsstellenleiter der Verwaltungsgemeinschaft Weidenberg, Klaus Bauer und deren Kämmerer, Marco Böhner. Anschaulich wurde über die Vielfalt der Aufgaben einer Kommune, die deren Bürgerinnen und Bürger häufig als selbstverständlich erachten, berichtet. Dass deren Erledigung mit einem hohen Kostenvolumen verbunden ist, und wie die Gemeinden versuchen, diese Ausgaben zu finanzieren, wurde ebenfalls thematisiert. Zudem wurde deutlich gemacht, dass die Gemeinden einerseits in vielen Bereichen autonom handeln können, andererseits aber auch Aufgaben, die vom Land oder Bund an diese übertragen werden, auszuführen haben. Die Spielräume folglich nicht immer so groß sind, wie Bürger und Bürgerinnen oft meinen. Die beiden Experten machten hierbei auch deutlich, dass die kommunale Arbeit neben Gestaltungsmöglichkeiten immer auch Herausforderungen bietet. Da Klaus Bauer gleichzeitig stellvertreten-der Landrat ist, drehte sich das Gespräch auch um die Bedeutung von Kommunalwahlen, die Notwendigkeit von demokratischem Engagement in den Gemeinden und darum, dass gerade junge Menschen mit ihren Anliegen gehört werden, wenn sie sich in Gemeinde, Politik und Vereinen einbringen. 

Danach ging es vom Obermarkt aus dem idyllisch gelegenen Rathaus hinaus und hinunter zum Untermarkt über die neue Mitte zum ehemaligen Bahnhof, wo das Glasknopfmuseum derzeit untergebracht ist. Begleitet wurden wir von der Gemeindearchivarin Stefanie Reckziegel, die uns freundlicherweise erneut mit Rat und Tat zur Seite stand. 

Die Klasse wurde schon von Norbert Lang und seinem Team erwartet. Die vier Experten informierten über die Entstehung der Weidenberger Werkssiedlung, die von Heimatvertriebenen aus dem Sudetenland rund um Gablonz an der Neiße (heute Jablonec nad Nisou) gegründet wurde. Die jungen Menschen erfuhren, welche Besonderheiten mit der sich nach 1945 dort entwickelnden Glas verarbeitenden Industrie verbunden waren. Sie konnten Einblick in die Vielfalt der Handwerks- und Herstellungstechniken nehmen. Die zahlreichen wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Herausforderungen, denen sich die Neuankömmlinge vor 80 Jahren gegenübersahen, kamen ebenfalls zur Sprache. Dieser Einblick in ein wenig bekanntes Kapitel der oberfränkischen Wirtschaftsgeschichte, das gleichzeitig ein Teil der bayerischen und bundesdeutschen Migrationsgeschichte ist, ergänzte unser Halbjahresthema „Migration in Bayern“ auf besonders berührende und anschauliche Weise. Es ist zu hoffen, dass die Erinnerungen der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die Bestände des Glasknopfmuseums und das sog. „Pohl Haus“, welches ein originales Zeugnis einer mittlerweile untergegangenen Produktions- und Lebensweise ist, erhalten bleiben und in Zukunft auch wissenschaftlich erforscht werden. 

Diese Exkursion in den Heimatraum hat den Horizont der Beteiligten deutlich erweitert, was ohne der unserer Schule stets freundlich gesonnenen Weidenberger Verwaltung und dem Engagement der Mitglieder der Werkssiedlung Weidenberg e.V. nicht möglich gewesen wäre. Vielen Dank für die Offenheit und Unterstützung. Wir kommen gerne wieder.

Maresa Olschner,
Studiendirektorin